Diskriminierende Digitalisierung
Die elektronische Patientenakte (ePA)
Wir mussten feststellen, dass die Ankündigung der Einführung und Anlage der ePA durch die gesetzlichen Krankenkassen im Umgang mit der ePA einen absoluten Schwerpunkt auf digitalen Wegen hat. Sieben Millionen Mitbürger können diesen Weg aber nicht nutzen. Daher wollen wir darauf hinwirken, dass auch analoge Wege ermöglicht werden und zwar in einer Form, die auch vom jedem ohne speziellen Kenntnissen beherrscht werden kann.
Dankenswerterweise erklärte sich die AOK Mittelfranken bereit, zusammen mit uns eine Info-Veranstaltung am 13.02.2025, 18.30 Uhr, in der Mensa der Schulen am Schloss (Lageplan siehe hier) durchzuführen. Denn zu diesem Thema sind viele Fragen aus Sicht der Versicherten zu klären und vor allen Dingen ist das System möglichst transparent zu machen.
Bei allen kritischen Fragen wollen wir die Vorteile der ePA auf keinem Falle verkennen.
Da jederzeit Widerspruch gegen die Anlage einer ePA erhoben und ebenso nachträglich deren Anlage beantragt werden kann, bleiben die Fragen auch nach dem Einführungsdatum 15.01.25 aktuell.
Zudem wird dies nicht nur gesetzlich Versicherte betreffen, denn die ePA wird auch für privat Versicherte eingeführt werden.
Die rechtliche Grundlage dafür wurde im Sozialgesetzbuch V (SGB V), vornehmlich ab den §§ 334 geschaffen. Die Materie ist sehr komplex. Anhand des Gesetzestextes für sich alles zu erschließen, ist sehr aufwändig. Die vielen Verweise auf andere Gesetzespassagen rauben einem leicht den Überblick. So gesehen müssten mehrere Gesetze nebeneinander ausgelegt werden, um sich inhaltlich darauf beziehen zu können.
Wir haben versucht, uns etwas einzuarbeiten und dabei stellten sich uns diverese Fragen, die wir hier für Sie gerne listen. Haben Sie weitere Fragen? Melden Sie uns diese bitte, denn all diese Fragen sollen in der Informationsveranstaltung mit Diskussion beantwortet werden.
1. Analoge Wege
- Wie kann ich ohne Internet Einblick in meine ePA nehmen?
- Auf welchem Wege kann ich ohne Internet bestimmte Unterlagen sperren?
- Kann ich meinen Widerspruch auch per Brief erklären und wohin muss ich diesen schicken?
- Wie kann ich ohne Internet folgende gesetzliche Vorgabe nach
§ 338 Absatz 1 SGB V
(1) Zugriffsberechtigte Leistungserbringer und andere zugriffsberechtigte Personen dürfen nach Maßgabe der
§§ 352, 356, 357 und 359 auf personenbezogene Daten, insbesondere Gesundheitsdaten, der Versicherten in
einer Anwendung nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 5 und 7 zugreifen, soweit die Versicherten hierzu ihre
vorherige Einwilligung erteilt haben. Hierzu bedarf es einer eindeutigen bestätigenden Handlung durch technische
Zugriffsfreigabe.
und § 353 Absatz 1 SGB V
(1) Die Versicherten erteilen die nach § 352 erforderliche Einwilligung in den Zugriff auf Daten der elektronischen
Patientenakte nach § 341. Hierzu bedarf es einer eindeutigen bestätigenden Handlung durch technische
Zugriffsfreigabe über die Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts.
erfüllen?
- Informationspflicht der Krankenkassen
Werden nach § 343 Absatz 1 SGB V analoge Informationsquellen kategorsich ausgeschlossen?
Wenn nein: Warum wird nicht betont auf diese hingewiesen.
§ 343 Informationspflichten der Krankenkassen
(1) Die Krankenkassen haben den Versicherten, bevor sie ihnen gemäß § 342 Absatz 1 Satz 1 eine elektronische Patientenakte anbieten, umfassendes, geeignetes Informationsmaterial über die elektronische Patientenakte in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache und barrierefrei zur Verfügung zu stellen. - Wo befindet sich die z.B. im Schreiben der AOK erwähnte Anlaufstelle und wie kann ich diese kontaktieren?
2. Sicherheit
- Wie sicher ist die Datenspeicherung tatsächlich?
- Die Daten sind u.W.n. verschlüsselt. Diese müssen aber zur Einsichtnahme entschlüsselt werden. Wo erfolgt die Entschlüsselung und wie ist diese Stelle vor fremden Zugriffen gesichert?
- Können und dürfen die Zugriffsberechigten Daten aus der ePA bei sich speichern und sei es nur ein Bildschirmabzug?
- Welches zertifiziertes Unternehmen/welche Behörde verarbeitet und speichert die Daten?
- Gibt es angesichts des umfassenden Einblicks in die ePA nunmehr strengere Regeln für das Personal in den Arztpraxen und Krankenhäusern?
- Bieten die vorgeschriebenen Sicherheitsstandards für die Arztpraxen und Krankenhäuser ausreichend Schutz oder liegt die Verantwortung allein in deren Händen?
- Haben auch anerkannte Heilpraktiker Zugriff?
- Erhält grundsätzlich z.B. der Orthopäde auch Einblick in die Unterlagen meines Psychiaters?
3. Recht
- Einwilligung zur Rechtevergabe in der ePA über Leistungserbringer.
Wie sieht die geforderte „die eindeutig bestätigte Handlung der technischen Zugriffsfreigabe“ aus (§ 353 Absatz 2 Nr. 1 SGB V). - Ist technisch verhindert, dass ein Arzt etc. ohne Einwilligung nicht auf die ePA zugreifen kann?
- Kann und darf ich den mich behandelnden Arzt im Einzelfall oder generell explizit den Zugriff auf meine ePA verbieten?
- Gibt es in diesem Gesetz auch Ausnahmen?
- Wurde wirklich nur das umgesetzt, was vorgeschrieben ist oder wurden die Vorgaben "digital" verfeinert?
- Wieso erhalten Apotheker, Psychotherapeuten, Krankenpfleger, Altenpfleger, Pflegekräfte einen so umfassenden Einblick in die ePA (§ 352 Nr. 5 und 6 SGB V)?
- Wieso erhält ein Apotheker drei Tage lang Zugriff, wo doch der Medikamentenbezug doch nur Minuten dauert?
- In welchem Verhältnis steht das zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer zur Möglichkeit der Informationshinterlegung zu Vorsorgevollmachten in der ePA?
- Hat denn das Familiengericht, zuständig für Betreuungsbeschlüsse, ebenso Zugriff auf diesen Teil der ePA?
4. Hilfe
- Ich habe kein Internet, lebe allein und kann keinem nahen Angehörigen den Zugang zur ePA
einräumen. Muss ich dann einen bezahlten Dienstleister beanspruchen oder die unermütlich Ehrenamtlichen bemühen, die ich zur Sicherheit datenschutzrechlich belehren muss/müsste? - Wie kann ich mich registieren und welche persönlichen Daten etc. sind erforderlich?
5. ePA ohne App
- Ich habe einen Computer und kenne mich im Internet einigermaß gut aus. Doch ich will keine Apps auf einem Mobiltelefon installieren und bedienen. Kann ich auch über meinen PC die ePA in der gesamten Funktionsbreite nutzen?
- Für den Zugang über die sog. Browseranwendung wird eine Kartelesegerät benötigt.
- Warum, wenn es über die App auch anders geht?
- Was kostet so ein Gerät und welches wirde empfohlen. - Besteht eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, die z.B. ein Mobiltelefon erforderlich macht?
Anmerkung zur Durchführung von Inforamtionsveranstaltungen zu ePA:
Wir danken der AOK Mittelfranken für ihre Bereitschaft, mit uns zusammen diese Veranstaltungen durchzuführen. Andere gesetzlichen Krankenkassen sind dem Anschein nach dazu nicht bereit.
Allerdings gibt es, wie wir mittlerweile in Erfahrung bringen konnten, auch Alternativen. Hinweise dazu finden Sie hier.